Frühere Archivbeiträge

Die Propheten

Im Jahr 1967 spielte das Schauspielstudio das Stück „Die Propheten“ von dem polnischen Autors Slawomir Mrozek.

Um angesichts einer drohenden Revolution seine Macht zu stabilisieren, möchte ein Diktator seinem Volk einen Propheten vorführen. Zu seiner Missbilligung tauchen jedoch zwei sich aufs Haar gleichende Propheten auf, die beide ihre „Echtheit“ beteuern. Der Diktator erhofft sich mit Hilfe dreier Staatsintellektueller einen Ausweg aus diesem Dilemma zu finden. Doch weder diese noch sein Amtsdiener wissen ihm zu helfen.

06.07.21

Erfindung des Surrealismus

Im Jahr 1967 feierte das Schauspielstudio eine besondere Premiere: Stefan Horn, Mitglied des Landestheaters hatte das surrealistische Drama „Les Mamelles de Tirésias“ erstmalig ins Deutsche übersetzt und unter dem Titel „Die Euter des Theresias“ inszeniert.

In dem Stück von Guillaume Apollinaire, welches von einigen der vielen Geschichten über den Thebener Wahrsager Teiresias inspiriert ist, verwandelt die Protagonistin Thérèse sich in einen Mann, mit dem Ziel, die herrschende Ordnung zu brechen und Gleichheit zwischen den Geschlechtern zu erreichen – ein Drama mit außergewöhnlich starken feministischen und pazifistischen Elementen, bedenkt man, dass es im Jahre 1907 uraufgeführt wurde. Im Übrigen mit einer ganz eigenen Art von Premiere, denn der Autor hatte den Begriff „Surrealismus“ zur Beschreibung der literarischen Gattung seines Textes eigens erfunden.

In der burlesken Inszenierung spielten Birgit Kathan und Hansjürgen Schneider die jeweils weibliche und männliche Gestalt der Hauptfigur. Das Urteil der Darmstädter Studentenzeitung dds lautete „Das Schauspielstudio ist keine Laienschar.“ und befand, der für die Inszenierung (ohne Bewerbung) vergebene Merckpreis von stolzen 1000,- DM gehe „in Ordnung“.

08.06.21

Gratulation ohne Einschränkung!

PETER. Ich bitte Sie, den folgenden Fall anzunehmen: Ein Mann liebt eine Frau und diese ihn.
TANTE OTTILIE. Das ist kaum anzunehmen.
PETER. Ich bitte Sie, trotzdem diesen Fall anzunehmen. Es handelt sich ja nicht um seine eigene Frau, sondern um die Frau eines anderen.
TANTE OTTILIE. Das ist etwas anderes! – Sie sollten wissen, wie wichtig eine genaue Formulierung ist!

Wie sich in herausstellt, liebt besagte Frau – die titelgebende Ingeborg – tatsächlich sowohl ihren bereits vorsorglich eifersüchtigen Ehemann Ottokar, als auch ihren ehemaligen Schulkameraden Peter Peter. Die junge Frau, laut dem Stücktext „von jenem hinreißenden Charme, wie ihn die Liebhaberinnen unserer Bühnen verbergen“ findet sich hin- und hergerissen zwischen beiden Männern, die obendrein auch noch miteinander gut befreundet sind. Nach einigen, dank Curt Goetz‘ typischem Humor äußerst kurzweiligen, Irrungen und Wirrungen gibt ihr schließlich die trinkfeste Tante Ottilie den Rat: „Die Frau bleibt bei dem Mann, den sie liebhat, und mit dem anderen hat sie eine Liaison.“ Beide Männer sind davon allerdings wenig begeistert. Ob und wie sich letztendlich alles arrangiert, bleibt in dieser Komödie in drei Akten der Phantasie des Publikums überlassen.

Im Jahr 1961 feierte die TH Darmstadt ihr 125-jähriges Bestehen mit einem eine Woche andauernden Hochschulfest, unter dessen Dach eine große Zahl Veranstaltungen stattfanden. Das Schauspielstudio feierte die Premiere von „Ingeborg“ im Wilhelm-Köhler-Saal, und konnte sich dabei über ein ausgebuchtes Haus freuen. Dieter Petersen spielte Mann Ottokar, Peter Müller den ritterlichen Störer des Ehefriedens, Helga Strebel nie um eine bissige Lebensweisheit verlegene Tante Ottilie, und Manfred Bergmann den Hausdiener Herrn Konjunktiv. Aus sowohl damaliger als auch heutiger Sicht ungewöhnlich war die Besetzung der Hauptrolle. Die noch heute (immerhin 60 Jahre später!) als Synchronsprecherin aktive Ingeborg Solbrig war seinerzeit kein Mitglied des Schauspielstudios, sondern Schauspielschülerin am Darmstädter Landestheater und von Regisseur Manfred Bergmann extra für das Stück rekrutiert worden.

Die „darmstädter studentenzeitung“ (dds) erklärte diese Entscheidung für „vertretbar“, da die Gastdarstellerin nach Meinung der dds dem gesamten Ensemble etwas von ihrem unbekümmerten Schwung verlieh. Die Inszenierung wurde zum Publikumserfolg, und die dds, die in ihren Kritiken durchaus kein Blatt vor den Mund nahm, gratulierte dem Schauspielstudio „ohne Einschränkung“.

25.05.21

Hallo liebe Theaterfreund:innen!

Long time, no see – durch Corona ging es uns wie vielen Theatern: die Produktionen wurden erst einmal eingestellt, beziehungsweise nur unter digitalen Bedingungen fortgeführt. Doch nur weil wir gerade nicht auf den Brettern, die die Welt bedeutet stehen können, heißt das nicht, dass bei uns im Verein das Licht ausgeht.

Stattdessen dachten wir uns, dass wir uns gemeinsam auf eine kleine Zeitreise begeben: Wir wollen euch auf eine kleine Reise mit in die tiefsten Gänge und verborgensten Ecken der TUDS Requisite mitnehmen – dem Archiv! Jeden zweiten Dienstag wühlen wir gemeinsam durch alte Plakate, stoßen auf halb verrottete Textbücher und zeigen euch die lange und umfangreiche Geschichte unseres Vereines. Wusstet ihr beispielsweise, dass der Verein bereits 1957 gegründet wurde? Nein? Viele unserer Mitglieder sicher auch nicht 😉

Doch beginnen wollen wir heute mit einem Beitrag aus dem Dezember 1990: Damals inszenierte das Schauspielstudio gleich mehrere Stücke, die zum Stil des ‚Absurden Theaters‘ gehören – das war damals nämlich gerade der letzte Schrei. Thema war meistens die eigentliche Sinnlosigkeit der Welt, die Szenen meisten irreal, die Aussage der Stücke wohl nur den Autor:innen bekannt. Und obwohl sich seitdem viel geändert hat, ist eines gleichgeblieben: Der Aufführungsort der ersten Wahl ist und bleibt der Köhlersaal im Hauptgebäude der TU Darmstadt – heute allerdings in einem deutlich besseren Zustand!

11.05.21